Frauenfußball-Abteilung Auerbach feiert 20. Jubiläum

Richard Weidmann ist für die Fußballerinnen bei der TSV Auerbach das „Mädchen für alles“. Wenn es sein muss, greift der Trainer auch mal zur Schiedsrichter-Pfeife. © Richard Weidmann

Mit einer Schnapsidee fing alles in der Grundschule an: Vor 20 Jahren wurde bei der TSV Auerbach die Frauenfußball-Abteilung gegründet. Ein Rückblick auf eine Zeit, in der einige Hindernisse überwunden werden mussten.

Auerbach. Es begann alles mit einer „Schnapsidee“. „Die Mädels haben mich solange bearbeitet, bis ich zugestimmt habe“, erzählt Richard Weidmann. In der Annahme, dass die Fußball-AG der Bensheimer Kappesgärtenschule nicht sonderlich lange Bestand haben würde, willigte Weidmann ein. Seine Bedingung: „Für zwei bis vier Mädels mache ich das nicht. Es müssen schon mehr sein.“

Und siehe da, das Angebot wurde dankend angenommen. Sogar Mädchen aus anderen Sportarten schlossen sich der AG an. „Schon bald waren es regelmäßig zehn, zwölf eifrig kickende Mädels in der Fußballstunde“, heißt es auf der Seite „TSV Auerbach Kickerinnen“, auf der Weidmann seit mittlerweile über 20 Jahren die Geschehnisse rund um den Frauenfußball beim größten Sportverein an der Bergstraße dokumentiert. Eine Zeit, die viel Energie gekostet hat. Und einen langen Atem benötigte.

Immense Hindernisse im organisierten Spielbetrieb

Nun jährt sich das Entstehen der Frauenfußballabteilung der TSV bereits zum 20. Mal, die ersten Spiele im TSV-Trikot wurden 2005 absolviert. Das erste Training fand schon im Herbst 2004 statt. „Die Anfangszeit im Verein war schwer“, gesteht Weidmann. In seinen Worten wird deutlich, dass die Zeit damals noch eine andere, das traditionelle Geschlechterverhältnis noch deutlich bestimmender war. Warum sollen Frauen Fußball spielen wollen? Das ist doch nur was für Jungs!

Es dauerte nicht lange, da wurden die Spielerinnenpässe beantragt und der Start in den Spielbetrieb geplant. Die C-Juniorinnen gingen in der Spielzeit 2006/07 in ihre erste Saison, die D-Juniorinnen folgten ein Jahr später. Ein besonderes Ereignis in der Anfangszeit des Mädchenfußballs hat Weidmann bis heute in besonderer Erinnerung. Im Sommer 2006 spielte man bei einem internationalen Turnier in Crailsheim mit. „Um die 70 Mannschaften haben da damals teilgenommen“, erinnert sich Weidmann, der nebenbei auch noch seit über drei Jahrzehnten Schiedsrichter ist. „Das Event kann man nicht mehr toppen“, denkt Weidmann an dieses besondere Turnier zurück und ergänzt: „Von da an ging es los.“

Doch die Hindernisse im organisierten Spielbetrieb sind immens. So sei es mit der Zeit immer schwieriger gewesen, Mannschaften mit einer entsprechenden Anzahl an Spielerinnen zu stellen. Die Erkenntnis reifte, dass es nicht alleine gehen kann und ein Partner gesucht werden muss. Diesen fand man 2011 mit den Sportfreunden Heppenheim. Die Spielgemeinschaft hielt aber nicht lange, obwohl man in der Saison 2012/13 den Aufstieg in die Gruppenliga feiern konnte.

Kooperation trug im Jugendbereich Früchte

Zwei Jahre später ging man eine Kooperation mit Concordia Gernsheim ein, die jedoch ebenfalls nicht lang Bestand hatte, weil die „Männer nicht mitgezogen haben“, so Weidmann. 2016 erfolgte dann der Zusammenschluss mit dem FSV Rimbach. In der Saison 2016/17 ging die Damenspielgemeinschaft (DSG) Rimbach/Auerbach in der Kreisoberliga Darmstadt an den Start. Die Spielzeit gestaltete sich noch recht zäh, teilweise musste man Spiele in Unterzahl absolvieren. Dennoch gelang der Klassenverbleib. Die Entwicklung glückte, zwei Jahre später gelang etwas überraschend ebenfalls der Aufstieg in die Gruppenliga, der größte Erfolg der Spielgemeinschaft, die mittlerweile seit neun Jahren besteht.

„Die Initiative ging damals von Richard aus“, erinnert sich Jens Klische, gewissermaßen die Rimbacher Antwort auf Weidmann. Klische hat gemeinsam mit seiner Frau Heike 2012/13 die Mädchenfußballabteilung in Rimbach gegründet. Die Kooperation der beiden Vereine ist „über die Zeit immer weiter gewachsen“, berichtet Klische. Anfangs spielten Auerbacherinnen noch mit Zweitspielrecht für die B-Juniorinnen der JSG, die 2018/19 zur Mädchenspielgemeinschaft umbenannt wurde. Das Jahr war auch sonst sehr prägend, da in dieser Spielzeit erstmals eine gemeinsame Mädchenmannschaft von Rimbacherinnen und Auerbacherinnen (D-Jugend) im Spielbetrieb aktiv war.

Fortan trug die Kooperation auch im Jugendbereich Früchte. Seit mittlerweile fünf Jahren stellt die MSG kontinuierlich B- und C-Juniorinnen-Mannschaften. In dieser Saison treten die B-Juniorinnen erstmals auf Großfeld in der Verbandsliga an. Die Mannschaft wird von Klische und Uwe Wagner betreut, der auf Auerbacher Seite auf dem Grundstein, den Weidmann seinerzeit legte, aufbaut. In der vergangenen Spielzeit dominierten die B-Juniorinnen die Kreisliga A im Kreis Darmstadt (noch auf Siebener-Kleinfeld) ohne Niederlage mit einem Torverhältnis von 111:3.

Weidmann bedaurt Rückzug der ersten Damenmannschaft

Weidmann ist es gelungen, die Jugendarbeit auf gesunde Beine zu stellen. Er sieht seine Bestimmung weiter im Nachwuchsbereich. Seine Aussage aus dem Jahr 2009, wonach er in absehbarer Zeit vor allem im Hintergrund arbeiten wolle, scheint sich immer noch nicht vollends erfüllt zu haben. Darauf angesprochen, lacht er. „Wir haben uns mittlerweile einen Namen gemacht“, sagt er stolz. In der Breite seien es jetzt viel mehr Mädchen, die Lust haben Fußball zu spielen. Für die nächsten drei bis vier Jahre sei der Bestand gesichert, wagt der Lehrer eine vorsichtige Prognose. Auch die Akzeptanz im Verein habe sich gebessert. So vertritt Wagner im TSV-Vorstand die Belange des Mädchenfußballs.

Den Rückzug der ersten Damenmannschaft (siehe gesonderte Meldung) bedauert Weidmann. Die meisten Spielerinnen hat er schließlich von klein auf begleitet. „Da tut einem das Herz weh.“ Aber wie das so ist im Leben: „Erzwingen kann man nix.“ Manchmal fügen sich die Dinge eben. So wie damals in der Kappesgärtenschule in Bensheim.

Quelle: www.bergstraesser-anzeiger.de